Beim Test Skate der Deutschen Eislauf-Union (DEU) vergangene Woche in Oberstdorf hat das Nationalteam erstmals die Programme für die neue Saison präsentiert. Die Zuschauer dürfen sich auf hochklassige Elemente und starke Musiken insbesondere der Berliner Weltklasse-Paare freuen. Saisonstart ist bei den Challenger-Wettbewerben im September.
Die WM-Dritten im Paarlaufen Minerva Hase/Nikita Volodin, die am Bundesstützpunkt in Berlin trainieren und bei den Test Skates von Coach Dmitry Savin begleitet wurden, zeigten im Eissportzentrum Oberstdorf nach ihrer erfolgreichen Debüt-Saison, ihre neuen Programme für die vorolympische Saison. Das Kurzprogramm zum Blues „You Were Mine“ (Tami Neilson) liefen die beiden 24-Jährigen mit viel Leidenschaft und landeten zwei der drei Sprung-Elemente – den Dreifach-Twist und Einzelsprung Dreifach-Salchow – sicher.
Minerva Hase & Nikita Volodin
Auch eine wunderbare neue, klassische Kür haben die Sieger des Grand Prix-Finals 2023 mit ihren Choreographen Paul Boll und Mark Pillay einstudiert. Um nach der Oberschenkelzerrung von Hase noch kein Risiko einzugehen, ließen die Berliner Pirouetten und Todesspirale aus, dafür waren fast alle Sprünge gut ausgeführt und bei der letzten Hebung hat das Paar den Schwierigkeitsgrad erhöht. "Ich mag das Vorlaufen sehr, um nach der Sommerpause zum ersten Mal wieder das Adrenalin zu spüren und in den Rhythmus reinzukommen", sagt Minerva Hase. "Wir sind zufrieden mit dem, was wir gezeigt haben, das entspricht unserem Trainingsstand."
Erster Wettbewerb ist die Nebelhorn Trophy in Oberstdorf (19. bis 21. September 2024), wo Hase/Volodin 2023 den Sieg holten. Danach folgt der Challenger in Nizza (Frankreich; 16. bis 20. Oktober 2024) und dann will sich das Paar über die Grand Prix de France in Angers (Frankreich; 1. bis 3. November) und den Cup of China in Chongqing (China; 22. bis 24. November) erneut für den ersten Saisonhöhepunkt, das Grand-Prix-Finale 2024 in Grenoble (Frankreich; 5. bis 8. Dezember 2024), qualifizieren.
Hocke/Kunkel rocken mit „Falco“ das Eis
Die WM-Fünften im Paarlaufen Annika Hocke/Robert Kunkel kamen direkt aus dem Höhentrainingslager in Madesimo (Italien) und konnten daher noch nicht alle Elemente in den Programmdurchläufen zeigen. Sprung-Highlight war ihr Parade-Element, der Dreifach-Wurfrittberger. Ihr mitreißendes, weiterentwickeltes Rock’n Roll-Kurzprogramm behalten die Berliner, die in Bergamo bei Ondrej Hotarek trainieren. Die Kür hat mit Musiken von Falco (Rock Me Amadeus, Out Of The Dark, Jeanny) und akrobatischen Inhalten einmal mehr Show-Charakter für die Zuschauer.
Annika Hocke & Robert Kunkel
In der ersten Saisonhälfte sind bei den EM-Dritten von 2023 dieses Jahr weniger Wettbewerbe und Reisen geplant, um den Körper nicht über zu belasten – letztes Jahr entgingen ihnen verletzungsbedingt Grand Prix-Finale und DM. "Die Gesundheit steht bei uns an erster Stelle, aktuell können wir nach dem guten Athletikaufbau ein sehr hohes Trainingspensum fahren", freut sich Robert Kunkel. Das Paar liebt Wettkämpfe: Los geht’s mit der Lombardia Trophy (13. bis 15. September 2024) an ihrem Trainingsort, es folgen die Grand Prix Skate Canada in Halifax (Kanada; 25. bis 27. Oktober 2024) und NHK Trophy in Tokio (Japan; 8. bis 10. November 2024).
Das dritte deutsche Paar, Letizia Roscher/Luis Schuster aus Chemnitz, das ein neues Kurzprogramm und die Kür aus der Vorsaison zeigte, ist nach Trainingsrückstand noch nicht in Wettkampfform.
Starostin und Jagoda landen Dreifach-Axel
Bei den Männern boten die Deutschen Meister der letzten beiden Jahre gute Leistungen. Der dreimalige EM- und WM-Teilnehmer Nikita Starostin – begleitet von seinem Choreographen Adam Solya – läuft sein Kurzprogramm mit viel positiver Energie zu „Never Gonna Give You Up“ (Rick Astley). Die neue Kür ist dagegen klassisch, hier gelang der Dreifach-Axel. Beim Einlaufen probierte der 22-Jährige den Vierfach-Salchow, der aber noch Zeit braucht, um ins Programm integriert zu werden. Sein erster Wettkampf wird die Nebelhorn Trophy. "Ich habe den ganzen Sommer hart gearbeitet und freue mich darauf, bei diesem Wettbewerb in Deutschland zu laufen", sagt der 22-Jährige, der sich vorstellen kann bis zu den Olympischen Winterspielen 2030 zu laufen.
Nikita Starostin
Der Berliner Kai Jagoda, der im Eissportzentrum Oberstdorf trainiert, wurde beim Testlaufen von der siebenmaligen Deutschen Meisterin Nicole Schott betreut. Die 27-Jährige arbeitet nach ihrem Karriereende als Coach im Trainerteam von Michael Huth. Die Zusammenarbeit mit ihrem ehemaligen Trainingspartner funktionierte gut. Der 24-Jährige sprang in der Kür, wie im Vorjahr in der Rolle des Admirals zu „And the Waltz Goes On“, einen schönen Dreifach-Axel und eine Reihe weiterer Dreifacher. Die neue Kurzprogramm-Musik „Rain, In Your Black Eyes“ (Ezio Bosso) war einst die Kür-Musik von Schott. "Es war für mich ein guter Einstieg und ich will die nächsten acht Wochen nutzen, um 100 Prozent fit zu werden", sagt der 24-Jährige nach seiner fast auskurierten Knie- und Fußgelenksverletzung. Der Saisonstart ist beim ISU-Wettbewerb in Katowice (Polen; 17. bis 20. Oktober 2024) geplant. Danach folgt als erster Challenger Warschau (Polen; 20. bis 24. November 2024).
Kai Jagoda
Auf diesem Niveau mithalten kann der Berliner Arthur Mai (noch) nicht. Der 19-Jährige zieht im September von der Hauptstadt nach Oberstdorf und will sich am dortigen Bundesstützpunkt weiterentwickeln. Bei den Frauen musste Deutschlands aktuelle Top-Läuferin, die Deutsche Meisterin und zweimalige WM-Teilnehmerin Kristina Isaev, krankheitsbedingt ihre Teilnahme am Test Skate absagen. Es nahmen die Deutsche Vizemeisterin Sarah Pesch aus Aschaffenburg und die DM-Dritte Hanna Keiß aus Oberstdorf teil. Im Training konnte sich Pesch mit allen Dreifach-Sprüngen empfehlen und erhält die Chance, ihr Potenzial bei der Nebelhorn Trophy und weiteren Challenger-Wettbewerben zu zeigen.
Eistänzer mit Passion und Fun
Im Eistanzen machten die dreimaligen Deutschen Meister Jennifer Janse van Rensburg/Benjamin Steffan mit ihrem neuen Rhythm Dance (Thema: 50er, 60er, 70er) zu „Boogie Shoes“ (KC & The Sunsine Band“) Stimmung. Einen kurzen Schockmoment gab es in der Kür zum Phantom der Oper, als Janse van Rensburg im ersten Programmteil eingangs des Twizzles zu Sturz kam und den Lauf wegen einer kleinen Schnittwunde am Knie abbrechen musste. Jetzt sind ein paar Tage Schonung angesagt. Die Teilnahme an ihrem Heimspiel – der Nebelhorn Trophy – sei nicht gefährdet. Seinen Grand Prix-Start hat das Paar bei der NHK Trophy. Vorfreude besteht auch auf die Deutschen Meisterschaften in Oberstdorf (16. bis 21. Dezember 2024), wo die Eistänzer ihren vierten Meistertitel gewinnen wollen. "Unsere großen Ziele in der zweiten Saisonhälfte sind die TopTen bei den Europameisterschaften und die Sicherung des Olympia-Startplatzes bei den Weltmeisterschaften", sagt Benjamin Steffan.
Jennifer Janse van Rensburg & Benjamin Steffan
Die Deutschen Vize-Meister Charise Matthaei/Max Liebers, die mit Trainerin Barbara Fusar-Poli aus Mailand angereist waren, überzeugten im Rhythm Dance (u.a. zu On The Radio von Donna Summer) und der Kür zu den Songs „Circles“ und „Experience“ mit Hingabe und Emotion. Durch intensive Arbeit in einem sehr motivierenden Trainingsumfeld mit den italienischen Europameistern Charlene Guignard/Marco Fabbri konnten sich die Chemnitzer im Vergleich zum Vorjahr weiterentwickeln und wollen um eine Teilnahme an EM und WM kämpfen. "Wir haben uns in den Skating Skills und im Miteinander-Laufen verbessert und neue Hebungen einstudiert", sagt Max Liebers. "Im Tänzerischen haben wir viel daran gearbeitet, dass wir Spaß haben und das authentisch auf dem Eis ausdrücken", meint Charise Matthaei. Ihr erster Wettkampf ist die Lombardia Trophy. Geplant ist auch die NRW Trophy in Dortmund (13. bis 17. November 2024).
Charise Matthaei & Max Liebers
Als drittes Eistanzpaar präsentierten die jungen Berliner Karla Maria Karl/Kai Hoferichter einen Country-Rhythm Dance und einen arabischen Kürtanz mit sehr schönem Kostüm. Die Beiden wurden beim Test Skate von Bundesnachwuchstrainer Stefano Caruso betreut und sind dabei, sich in der Seniorenklasse zu etablieren.
Saisonhöhepunkte in der vorolympischen Saison
Internationale Saisonhöhepunkte im Eiskunstlaufen sind für die Top-Läufer*innen in der kommenden Saison bei Qualifikation das Grand-Prix-Finale 2024 in Grenoble (Frankreich; 5. bis 8. Dezember 2024), die Europameisterschaften 2025 in Tallinn (Estland; 27. Januar bis 2. Februar 2025) und die Weltmeisterschaften 2025 in Boston (USA; 24. bis 30. März 2025). Bei der WM wird ein Großteil der Olympiastartplätze für die Olympischen Spiele 2026 in Mailand (Italien) vergeben.
Text: Pamela Lechner
Fotos: Hella Höppner